"...und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne... Hermann Hesse"
Besonders im Frühling, wenn überall das zarte Grün wieder beginnt zu sprießen und die ersten Blüten ihre Farbtupfen auf dem kargen Boden und den kahlen Bäumen hinzaubern, ist die Magie der Natur unübersehbar!
Dass scheinbar aus dem Nichts, nachdem der lange, kalte Winter eine eher trostlose Landschaft hinterlassen hat, plötzlich das Grün und die Farben zurückkehren, ist für mich jedesmal wie ein Wunder. Mein Herz öffnet sich beim Anblick des neuen zarten Grüns und der ersten Blüten, die tapfer den kalten Frühlingsstürmen trotzen. Sie scheinen mir zu zunicken und zu sagen: hey, das kannst du auch!
Und das ist die Hauptbotschaft des Frühlings: Wenn die Natur sich jedes Jahr erneuert, sogar unter widrigen Umständen neu wächst, dann können wir Menschen das auch schaffen. Mich motiviert das, mich selbst immer wieder neu zu erfinden und auch immer wieder Neuanfänge zu wagen.
Die Natur zeigt uns den Weg
Ich lasse mich gerne von der Natur inspirieren und finde es immer wieder spannend zu schauen, wie macht die Natur das eigentlich ? Können wir uns da etwas abschauen? Soviel ist schon mal klar: es gibt Rhythmen, verschiedene Zeitqualitäten! Zeiten in denen das Neue wächst und auch solche zum Festigen, Stabilisieren und auch welche in denen wieder abgebaut, zerstört wird. Es ist gut sich immer mal daran zu erinnern. Das Leben verläuft zyklisch, nicht linear. Der Frühling ist ganz klar eine Zeit um etwas Neues in die Welt zu bringen. Es muss nichts Spektakuläres oder Ungewöhnliches sein. Es ist manchmal dem ganz ähnlich was wir schon kennen, so wie ja auch der Baum nicht jedes Jahr eine neue Form entwirft für seine Blätter. Dennoch gibt es jedes Jahr etwas Neues, jedes einzelne Blatt ist neu und darüber hinaus wachsen jedes Jahr ganz neue Äste, der Stamm dehnt sich aus in Breite und Höhe. Den ganzen langen Winter über harren diese neuen Impulse auf den richtigen Moment, auf die günstigen Bedingungen, in denen sie dann im Frühling beginnen sich zu entfalten und zu wachsen. Vielleicht kennst du es auch, in deinem Innern schlummern Wünsche und Sehnsüchte, und wenn du die Ruhezeit des Winters ab und zu genutzt hast, hast du sie zumindest schon ab und zu wahrgenommen. Dann wenn die Tage wieder länger werden kitzelt uns die Inspiration und es kristallisieren sich neue Ideen aus den Wünschen heraus. Mit dem Frühling kommt dann auch die Kraft das Neue in die Welt bringen zu wollen. Wir wollen unsere Ideen sichtbar machen, das was in uns im Winter herangereift ist, möchte nun geboren werden. Es geht also weniger darum jetzt krampfhaft nach etwas Neuem zu suchen, als vielmehr einmal innezuhalten und zu schauen, was gibt es da in dir was sich zeigen möchte, was möchte nun geboren werden, welche Knospen warten schon den ganzen Winter über auf die Sonne, um dann aufzugehen und sich zu entfalten!
Bist du auf Frühling eingestellt ?
Blätter und Blumen sprießen neu hervor nach einer langen Wachstumspause. Die Knospen warteten sozusagen, den ganzen langen Winter über auf die Sonne,
auf das Licht, auf die günstigen Bedingungen. Sie kommen nicht aus dem Nichts, sondern haben eine lange Vorbereitungszeit hinter sich. Sie haben Kraft gesammelt im Winter und nun brechen sie auf.
Heute sind wir gewohnt dass alles schnell geht, wir versuchen in vielen Bereichen unseres Lebens Dinge voranzubringen ohne uns um Rhythmen oder günstige Bedingungen zu kümmern. Das erfordert dann
ein Übermaß an Kraft, ein Zehren an den Ressourcen, ein Raubbau an unserem Körper, wie auch an der Erde und Natur. Wir fallen dann aus dem Gleichgewicht, die wundersamen Kreisläufe, die die
Natur uns bereit gestellt hat werden gestört: wir werden krank, nicht als Strafe, sondern um die Möglichkeit zu erhalten wieder zurück zu finden in die Balance. Wir können Krankheit so sehen als
eine Chance unser eigenes Gleichgewicht wieder zu finden, oft reichen dafür eine Weile Ruhe und Besinnung aus. Das allerdings ist aber auch genau das was uns oft am schwersten fällt; uns Zeit und
Ruhe für uns selbst zu gönnen.
Ein unendlicher Kreislauf
Ein weiterer Punkt den die Natur uns zeigt, ist auch das Loslassen und die Transformation des Alten. Wenn die alten Blätter fallen sind darunter schon die kleinen neuen Knospen. Es ist also keineswegs so, dass der Baum die alten Blätter loslässt bevor die neuen Ansätze, da sind. Auch wenn diese Knospen dann noch ganz klein sind und kaum auffallen, so sind sie doch schon da. Es ist kein Sprung ins Nichts, sondern ein weicher Übergang.
Auffällig ist auch dass die Natur nicht einfach etwas wegschmeißt, sondern das alte Laub was runter fällt, bildet zuerst eine wärmende Decke für die Wurzeln des Baumes und mit der Zeit entsteht daraus neuer Humus, also neue Nahrung. In der Natur geht nichts verloren. Für uns Menschen können wir das so übersetzen, das die alten Erfahrungen aus denen wir langsam herauswachsen uns noch dienen, sie nähren uns quasi und bilden auch die Basis auf denen dann das Neue aufbaut. Das Neue wächst aus dem Alten, wird vom Alten genährt, gewärmt und getragen. Und mit der Zeit wird das Alte so stark transformiert dass es kaum mehr zu erkennen oder zu sehen ist. Es hat sich aufgelöst und so wird Raum für die Ausdehnung des Neuen. Das Neue wächst und stabilisiert sich, solange bis es auch wieder alt geworden ist und ausgedient hat. Dann wird es losgelassen und dient wiederum dem nächsten Neuen als Basis. So geht es immer weiter, ein Kreislauf von Werden und Vergehen. Ein unendlicher Kreislauf, aus dem immer wieder Neues entsteht, wächst und vergeht.
So geschieht es tagtäglich im Großen und Kleinen. Nur dass wir es oft nicht mehr beachten, so gefangen sind, in unserem linearen Denken und Handeln
dass wir diese Kreisläufe, von denen wir selber Teil sind, übersehen und oft genug auch übergehen.
In einem linearen Weltbild fällt es schwer loszulassen.
Wir sind zwar zu einer Wegwerfgesellschaft mutiert, das hat jedoch Nichts mit echtem Loslassen zu tun, sondern vielmehr mit Nichtachtung und Verzweiflung. Da wir die natürlichen Kreisläufe lange Zeit ausser Acht haben lassen und sie sogar zerstört haben, fühlen wir uns wie herausgefallen aus dem Schöpfungsprozess. Wir haben die Anbindung verloren, nicht nur als Einzelne, sondern auch als Gesellschaft. Wir haben uns viele Ersatzhandlungen und auch Güter geschaffen um dieses Herausfallen zu kompensieren. Diese gaukeln uns eine Pseudosicherheit vor, können uns jedoch nicht die Geborgenheit geben, die uns eine echte Verbindung zur Gesamtschöpfung geben kann.
Mit einer tiefen inneren Unsicherheit bewegt der westliche Mensch sich durch sein Leben und sucht Halt und Zugehörigkeit in schnelllebigen, unechten Welten, die ihn
von der inneren Verlorenheit und dem Schmerz darüber, ablenken sollen. Das führt uns jedoch noch weiter weg von uns selbst. Schon früh haben wir gelernt, uns im Außen, an dem Künstlichen, Unechtem zu orientieren. Wir sind es gewohnt uns selbst zu verlassen und zu schauen was die anderen von
uns erwarten, zuerst sind es die Eltern, später dann auch die Gesellschaft. Das macht es uns schwer, Vertrauen in die Natur und ihre Kreisläufe überhaupt zu zulassen. Wir haben unseren Blick
eingeschränkt auf diese Zeitlinie zwischen Geburt und Tod, ängstlich darauf bedacht selbst diesen kleinen Abschnitt noch zu reduzieren und einzuteilen in kleinste Einheiten: von Schule bis
Rente, von Montag bis Freitag usw
Wir merken häufig nicht mal mehr, dass wir, selbst wenn wir etwas wegwerfen oder aufgeben, seien es Dinge oder Beziehungen, wir sie damit noch längst
nicht los sind. Auch wenn wir die Kreisläufe nicht mehr beachten und sie sogar stören, so leben diese dennoch weiter. Früher oder später werden wir wieder und wieder damit konfrontiert, mit dem
was wir weg geworfen haben, mit dem was wir nicht ganz durchlebt haben.
Auch wenn wir unseren Müll nicht mehr sehen, heißt es nicht dass er weg. Die andere Seite der Wegwerfmanie, ist das Festhalten. Aus der gleichen
Unsicherheit trauen wir uns nicht, das loszulassen was zu Ende ist, oder uns eben nicht mehr gut tut.
Wenn wir jedoch zulange festhalten an Themen oder Dingen in unserem Leben, dann tun wir uns selbst keinen Gefallen, denn das Alte was uns zuvor gedient hat und gut getan hat, wird dann zur Last.
Die Menschen sind wahrscheinlich die einzige Spezies, die zuviel mit sich rumschleppen, die Altes nicht loslassen können und an Dingen, Situationen
oder anderen Menschen hängen, auch wenn die ihnen schaden. Dafür haben wir, wie oben schon erwähnt kollektive und auch persönliche Gründe.
Weswegen ich das hier so langatmig beschreibe?
Den Hintergrund unseres Tuns zu verstehen finde ich wichtig, um uns selbst besser zu verstehen und uns dann auch mit Verständnis und Wohlwollen begegnen zu können. Denn gerade dann, wenn die Lage nicht so rosig aussieht, hilft es uns weder, uns selber fertig zu machen noch zu resignieren. Und nun möchte ich dir hier eine kleine Inspiration vorstellen, wie du etwas loslassen kannst, was dir zur Last geworden ist und wieder Raum für das Neue gewinnst.
Inspirierende Übung: in 3 Schritten zum Neuen
Ich möchte dich einladen, einmal kurz innezuhalten, deine Aufmerksamkeit nach Innen zu wenden und dir folgende Frage zu stellen :
" Was belastet mich ? " oder " was ist mir zuviel geworden? "
Lass einfach das Auftauchen in deinem Innern was sich da zeigen möchte, es kann ein Bild, ein Satz, ein Mensch, eine Situation oder ähnliches sein.
Das kann sogar auch etwas sein was dir früher Freude bereitet hat, doch dann irgendwann schleichend ist der "Wurm" rein gekommen und nun ist es anstrengend geworden.
Und dann kannst du noch einen Schritt weiter gehen und ausprobieren wie es ist, wenn du das,was du da mit dir rumschleppst, was dir anstrengend geworden und auf deinen Schultern lastet, oder woanders im Körper, einmal bildhaft neben dich stellst.
Runter von den verspannten Schultern, dem angespannten Nacken, raus aus dem Kopf und die Situation, den Job, den Menschen was auch immer es ist, neben
dich stellst auf die Erde. Und dann nochmal spüren wie sich jetzt dein Körper anfühlt. Diesen frei gewordenen Raum in dir wahrnehmen und genießen. Du kannst diese kleine Übung immer mal wieder
einbauen in deinen Alltag, sie dauert nur ein paar Minuten. Und keine Sorge, die Themen, Menschen oder Situationen die du neben dich stellst, gehen nicht verloren. Im Gegenteil du kannst dich nun
mit mehr Gelassenheit um sie kümmern, falls es nötig ist und auch merken dass manche sich freuen über ihre neu gewonnene Freiheit ;-)
Im 2. Schritt kannst du dann noch das Neue einladen: Noch mal nach Innen wenden und schauen was da ist in dir, was in die Welt gebracht werden
möchte.
Im 3. Schritt kannst du dich unterstützen lassen von der Natur :
Einmal das Fenster öffnen und die Frühlingsluft schnuppern oder noch besser einen Spaziergang im Wald oder Park und schauen, was da alles schon
wächst an Neuem!
Ich wünsche einen glücklichen Frühling !
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